Monatsbericht Februar 2021

Monatsbericht Februar 2021

Schnee, keine Schneekanone hätte es besser hingekriegt! Wir versinken zurzeit geradezu im Schnee. Auf den Feldern haben wir bis zu einem Meter, mit den Schneeverwehungen kann es auch schnell mal das Doppelte sein. Über mehrere Tage waren ganze Dörfer von der Umwelt abgeschnitten. Der Gouverneur von Kaluga bat die Menschen, sie sollen den staatlichen Räumungseinheiten zusätzlich helfen, da die Kapazitäten nicht ausreichten. Teilweise Temperaturen bis an die -40 Grad Celsius rundeten das märchenhafte Winterbild ab.

Bezüglich der Corona Krise hat sich das Leben wieder soweit normalisiert. Alle Schulen und Universitäten haben wieder normal Unterricht. Ebenfalls sind alle Geschäfte, Restaurants und jetzt auch alle Unterhaltungseinrichtungen wie Bars und Diskotheken wieder wie üblich geöffnet. Es gibt in Russland bereits die ersten Regionen, wo die allgemeine Maskenpflicht aufgehoben wurde. Positiv wirkt sich hier sicher das Impfpräparat „Sputnik V“ aus. In grossem Massstab werden die Menschen geimpft, und der Impfstoff selber soll nicht der schlechteste sein. Als Laie dies zu bewerten ist unmöglich, die Tatsache aber, dass viele Staaten hier anklopfen und ihn bestellen wollen, scheint es zu bestätigen. Mal schauen, wie es sich weiter entwickelt!

Wenn man mit psychisch Kranken zusammenlebt und arbeitet, erlebt man immer wieder die verschiedensten Dinge. Vor kurzem wurde ich dank unserem Sergej wieder einem wahren Stresstest unterzogen. Bei einem seiner Anflüge geistiger Umnachtung ging er zur Polizei und schrieb eine Anzeige gegen uns, wir hätten ihm den Pass und Geld gestohlen. Zwei Tage lang verbrachte ich mehr auf dem Polizeiposten als sonst wo, um verschiedene Erklärungen und Protokolle zu schreiben. Was mich dabei am meisten ärgerte war, dass die Polizei die Anzeige eines psychisch Kranken mit vollem Ernst entgegennimmt. Sie müssten, so wurde mir erklärt, jede Anzeige entgegennehmen, selbst wenn sie, wie in diesem Fall, selber sähen, dass der Anzeigende nicht zurechnungsfähig ist. Hier muss ich hinzufügen, dass Sergej als ehemaliger Obdachloser eben nirgends auf einer Krankenakte auftaucht und somit als gesund gilt.

Resümee: den Pass und das Geld hatte er „verlegt“ und einfach nicht gefunden. Aber wir, resp. Ich, hatten eben trotzdem den ganzen Ärger am Hals. Nach intensiven Gesprächen auf dem Hof kamen wir zu dem Entschluss, dass Sergej für uns nicht mehr tragbar ist. So unter uns, wir hatten ja noch Glück, er hätte auch eine Anzeige wegen Gewaltverbrechen oder sonst was Ähnliches schreiben können! Da hätte ich mich dann wohl noch länger als nur zwei Tage auf der Wache rechtfertigen müssen. Er bat uns nun, ihn in ein Kloster zu bringen, was wir dann für ihn auch organisiert haben. Hoffen wir für ihn, dass er seinen richtigen Weg findet.

Also ehrlich, unser Leben hier hat immer wieder ein paar Überraschungen parat! Die einen sind sehr interessant und lehrreich, auf andere könnte man jedoch sehr gerne verzichten!

Mit freundlichen Grüssen

Jörg Duss

 

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