Wer gedacht oder gehofft hatte, dass es noch einen richtigen russischen Winter gibt, den muss ich leider enttäuschen. Schnee gab es nur einmal, so um die 5 cm, was eher nach einem Witz aussah. Versanken wir im letzten Jahr um diese Zeit im Schnee, müssen wir ihn heute suchen. Die Schneeschaufeln jedenfalls werden diesen Winter kaum abgenutzt.
In diesem Monatsbericht möchte ich Ihnen einmal aufzeigen, wie die Stiftung RADUGA „funktioniert“, wie bei uns Projekte entstehen, und wie wir sie angehen und realisieren.
Anfang Jahr haben wir wieder einmal ein Fest für die alten Menschen organisiert. Wie immer kamen sie festlich gekleidet und mit einer grossen Portion guter Laune. Beim gemütlichen Zusammensitzen wurde wieder viel gesungen und gelacht. Während dieses Anlasses ergaben sich für mich Gespräche mit drei verschiedenen Seniorinnen, die alle als Erstes dasselbe sagten: “Ich leide sehr unter der Einsamkeit. Die Kinder sind weit weg, leben ihr eigenes Leben, und ich bin alleine in meinem Haushalt.“. Sie wasche, bügle, koche und mache die Wohnung sauber. Kontakt hätte sie zur näheren Umgebung kaum. Solche Feste seien für sie Höhepunkte im Leben, da sie sich hier mit Gleichgesinnten treffen könnten!
Als alle gegangen waren, hatte ich gemischte Gefühle in mir. Einerseits freute es mich, dass wir wieder ein paar Menschen eine Freude schenken konnten, andererseits bedrückte es mich, dass es doch noch so viele gibt, die unter dieser Einsamkeit in unserer modernen Zivilisation leiden. Ich musste mir etwas überlegen, wie wir, ohne allzu grossen Aufwand, öfter und mehr solcher Menschen für ein paar Stunden eine Freude schenken könnten.
Nach ein paar Joggingstunden im Wald kristallisierte sich in meinem Kopf eine Idee heraus, die ich nun so schnell wie möglich umsetzten wollte. Meine Idee war, dass auch ausserhalb des Stiftungshauses in regelmässigen Abständen solche Treffen organisiert werden könnten. So haben wir diese Alten erneut eingeladen, um mit ihnen zusammen diese Altentreffen auf die Beine zu stellen. Vorgängig hatten wir im oberen sowie im unteren Teil von Tarussa einen Veranstaltungsraum aussondiert, wo diese Treffen stattfinden könnten.
In der gemütlichen Runde erläuterte ich den Frauen meine Idee, die mehr als positiv aufgenommen wurde. Ich erklärte ihnen, dass mir vor allem daran liegt, dass sie selbst die Treffen organisieren und RADUGA für Tee und Gebäck sorgt. Während der Diskussion zeigte sich schnell, welches die aktiven Mitglieder sind. Als ich dann zwei Damen ansprach, die ich als Leiterinnen sah, waren sie sofort einverstanden. Beide hatten in ihrer Vergangenheit leitende Positionen inne gehabt, die eine war jahrelang Direktorin der Stickereifabrik, die andere war Vorsteherin im Bildungswesen von Tarussa.
Als nächster Schritt war geplant, zusammen mit diesen beiden Damen die zwei Räumlichkeiten zu besichtigen, und weitere organisatorische Fragen wie Tische, Stühle, Geschirr, Aufräumen, Putzen usw. zu diskutieren. Für RADUGA ist dies ein kleines Projekt, aber wie mir alle diese Seniorinnen sagten, ein Projekt, das für sie von grösster Bedeutung sei, um den einsamen Alltag etwas zu durchbrechen.
Nach der Besichtigung dieser Räumlichkeiten, wo alle diese Fragen geklärt wurden, geht es nun in die entscheidende Phase. Die zwei Organisatorinnen werden einen Termin festlegen und dann Einladungen verteilen für das erste Treffen. Bei diesen beiden alten Damen spürt man förmlich, wie sie mit grossem Engagement bei der Sache sind. Für sie hat sich der Alltag schon verändert, da sie für sich eine neue Beschäftigung gefunden haben. Jetzt hoffen wir, dass möglichst viele alte einsame Menschen an diesen Treffen teilnehmen werden.
So ist ein neues kleines Projekt „Hilfe zur Selbsthilfe“ der Stiftung RADUGA entstanden. Von der Problemstellung bis zur Umsetzung braucht es oftmals gar nicht so viel. Unsere Arbeitsweise ist: Bedürfnisse wahrnehmen, und darauf reagieren! Das Geheimnis von RADUGA, und dies nun schon bereits seit 28 Jahren!
Mit freundlichen Grüssen
Jörg
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