Endlich wieder einmal Winter, wie wir ihn uns vorstellen! Temperaturen um die -30 Grad Celsius verleihen der Natur ein spezielles Kleid. Der zuvor gefallene Schnee, die tiefe Sonne (wir haben jetzt sehr kurze Tage) ergeben diese winterliche Stimmung, wie wir sie schon seit längerem nicht mehr kannten.
Nachträglich möchte ich meinerseits allen treuen Leserinnen und Lesern unseres Monatsberichts alles Gute zum Neuen Jahr wünschen! Positive Gedanken und Optimismus sind die Garanten für ein gutes Gelingen im angebrochenen Jahr. Inwiefern, fragen Sie sich vielleicht, können genau WIR Einfluss nehmen? Wir haben hier gelernt, einen Filter zu benützen, der alles zurückbehält, was wir sowieso nicht beeinflussen können. Wir konzentrieren uns darauf, was wir verändern könnten. Das Leben wird dadurch viel einfacher und lebenswerter!
Dies haben wir uns auch bei unserem kleinen Neujahrsfest mit den Stiftungsmitarbeiterinnen zum Ziel gesetzt. Wir werden durch das Jahr hindurch so oft mit Situationen konfrontiert, welche unsere Möglichkeiten überfordern. In solchen Momenten ist es wichtig, dass wir gleich innerlich den Schalter umstellen, um die uns zur Verfügung stehende Energie besser zu schonen und da einzusetzen, wo wir etwas bewegen können. Schreibt sich einfacher als getan, aber man muss es versuchen!
Die zurzeit die Welt beherrschende Ungewissheit widerspiegelt sich auch in unserer Arbeit. Von Woche zu Woche verzeichnen wir einen kontinuierlichen Anstieg von Bedürftigen. Der Umschlag allein schon des Kleiderlagers hat sich fast verdoppelt. Früher traf man dort vor allem Mütter an, heute sind es mehrheitlich ganze Familien. Die Einsparung im Familienbudget ist immens, daher ist auch die Dankbarkeit jeweils gross. Dieses Stiftungshaus hat sich zu einer Adresse entwickelt, die sich in der Bevölkerung mehr und mehr herumspricht.
Auf dem Hof benutzen wir die langen Winterabende immer mehr für Gesprächsrunden. Am Abend sitzen wir bei heissem Tee zusammen und diskutieren über die geleisteten und die nächst bevorstehenden Arbeiten, sowie über die Planung für das Jahr 2021. Dies geschieht immer in kleinen Gruppen mit denjenigen, die im jeweiligen Ressort beschäftigt sind, und es zeigt sehr deutlich auf, wie motiviert die Mitbewohner sind, wenn man sie miteinbezieht. Verbesserte Tierhaltung, Weideplanung, Feldanbau, Planung der Rodungsflächen, Planung des Dorfbildes, Erweiterung des kulturellen Angebotes im Dorf usw. stehen dabei auf der Tagesordnung.
Individuelle Gespräche führe ich jeweils tagsüber, wenn ich z.B. mit jemandem zusammen arbeite und in einer ungezwungenen, lockeren Atmosphäre wie so nebenbei eine Diskussion beginne. Wie «besonders» unsere Bewohner zum Teil sind, zeigt das Beispiel eines 57jährigen psychisch Kranken. Bei seiner Arbeit draussen hat er in seiner geistigen Abwesenheit gar nicht gemerkt, dass ihm die Finger langsam abfrieren. Zurzeit behandeln wir gerade seine Erfrierungserscheinungen an den Fingerspitzen. Auch so etwas gehört zu unseren Tätigkeiten!
Mit freundlichen Grüssen
Jörg Duss
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