Monatsbericht Januar 2022

Monatsbericht Januar 2022

Es gibt Winter und Winter! In diesem Jahr war Frau Holle entschlossen, mehr und mehr Überstunden zu schieben. Vor ein paar Tagen erreichten wir die Marke von 80cm Schnee! An vielen Orten suchen sich die schneeräumenden Bürger noch irgendwelche Winkel, wo sie den vielen Schnee verstauen können. Ein Ende von Frau Holles Tätigkeit ist noch nicht abzusehen. Da wir noch den ganzen Februar und März vor uns haben, können wir uns auf einiges gefasst machen. Übrigens will ich mich über den Schnee auf keinen Fall beschweren! Viel Schnee bedeutet, dass die Grundwasserreserven wieder aufgefüllt werden, was seine Unannehmlichkeiten gleich wett macht.

Am 05. Januar feierten wir mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf unserem Hof ein kleines gemütliches Neujahrs- und gleichzeitig russisches Weihnachtsfest. In der warmen Stube gingen wir das vergangene Jahr noch einmal gedanklich durch. Dabei waren wir uns alle einig, dass, wie bereits im vergangenen Jahr, im neuen eine der grossen Herausforderungen die Verteilung der Altkleider sein wird. Ich kann Euch gar nicht richtig beschreiben, um was für Berge von Kleidern es sich handelt! Wegen der vielen Babykleider haben wir in den letzten Tagen mit der zentralen Geburtsklinik in Kaluga Kontakt aufgenommen, für die übrigen Kleider mit allen Kinderheimen und Altenheimen in der Region. Gleichzeitig beliefern wir vermehrt Spitäler, wo Patienten sich oft mit wenig oder fast gar nichts Brauchbarem längere Zeit aufhalten. Mit grosser Dankbarkeit nehmen die Empfänger diese Kleider immer wieder entgegen. Unser Aktionsradius hat sich erweitert, da wir bei diesem Projekt nicht im Bezirk Tarussa bleiben. So haben wir aus der Not eine Tugend gemacht, indem dieses Projekt nun noch vielen anderen Bedürftigen zu Gute kommt!

Leider mussten wir in diesem Monat auch eine sehr bittere Enttäuschung erleben. Arsenij, ein bereits mehrjähriger Bewohner von Lagowschina, kam im vergangenen Winter bei einem Besuch bei Verwandten in der Stadt in Kontakt zu Drogen. Er landete mit schwersten Erfrierungen im Spital, wo ihm mehrere Finger und Zehen amputiert werden mussten. Nach viel Überlegen und Besprechen beschlossen wir, ihm, nicht ganz leichten Herzens, eine zweite Chance zu geben. Wir hofften, die Teilinvalidität sei ihm Lehre genug, fädelten aber mit seinem Einverständnis gleichzeitig einen Aufenthalt in einer Entzugsanstalt ein. Nun war er, nach vielen Monaten intensivster und sehr aufwendiger Pflege und Betreuung auf Lagowschina, wieder so weit hergestellt, dass er demnächst mit dem Entzug hätte beginnen sollen. Aber er konnte es nicht abwarten und machte sich eines Nachts wieder heimlich davon. Die Sucht war stärker. Mit dem gleichen Resultat… Wie er die mehreren km durch den Schnee bis zur nächsten Transportmöglichkeit, und die Fahrt in die Stadt ohne Geld schaffte, können wir uns nicht vorstellen.

Es ist ein schwerer Schlag für uns. Aber gleichzeitig auch eine Lehre. Unser jahrelanger Einsatz für Arsenij, die gute und gesunde Atmosphäre auf Lagowschina, kamen nicht auf gegen andere Einflüsse, von denen wir die Bewohner ja nicht schützen können, und gegen das verheerende Verlangen nach Drogen. Auch bei ihm galt offenbar „der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“. Nun müssen wir uns von ihm trennen. Wir dürfen unter gar keinen Umständen ein Drogenproblem nach Lagowschina holen, das sind wir den Bewohnern schuldig. Wir haben für Arsenij noch eine vorübergehende Unterkunft organisiert, und dann muss seine Verwandtschaft eine Lösung für ihn finden.

Bei unseren Bewohnern hat die Geschichte einen sehr tiefen Eindruck hinterlassen, und wir benützen diese Stimmung für präventive Arbeit, Aufklärung! Wohl das Einzige, das wir dem Drogenproblem entgegensetzen können.

Nachträglich möchte ich allen unseren treuen Leserinnen und Lesern alles Gute wünschen im Neuen Jahr. Mögen alle Ihre Wünsche in diesem Jahr in Erfüllung gehen. Wichtig ist, nur ganz fest daran glauben!

Mit freundlichen Grüssen

Jörg Duss

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