Monatsbericht Juli 2022

Monatsbericht Juli 2022

Wenn wir uns die meteorologischen Berichte aus anderen Regionen der Welt anschauen, können wir sehr dankbar sein für das Wetter in unserer Region. Es gab von allem etwas, und, was wichtig ist, nicht zu viel und auch nicht zu wenig. Daher kann ich jetzt schon vorausschauend sagen, dass wir uns auf die beste Ernte seit dem Bestehen des Bauernhofprojektes freuen dürfen! Klar kommen noch andere Faktoren dazu, vor allem derjenige, dass wir seit all den Jahren die Bodenbeschaffenheit durch Zuführen von eigenem Humus verbessern, denn Kunstdünger gibt es bei uns grundsätzlich nicht!

Seit rund einem Monat lebt bei uns eine Familie aus Kuba. Der Mann Miguel, seine Frau Monica und drei Kinder hatten eine regelrechte Odyssee hinter sich, bevor sie bei uns eintrafen. Auf Arbeitssuche sind sie kurz vor der Pandemie von ihrem Land nach Russland gereist. Kurz nach ihrer Ankunft, als die Quarantäne begann, war es dann für sie unmöglich, eine Arbeit zu finden. So landeten sie in einem Auffangzentrum für Obdachlose in Moskau.

Während ihres Aufenthaltes brach in diesem Zentrum ein Grossbrand aus. Nun könnte man denken, sie besassen ja nicht viel, daher wird sich der Schaden in Grenzen halten. Aber das Problem war, dass ihnen alle Papiere verbrannt sind. Pässe, Migrationskarten, Geburtsurkunde, alles. Nach dem Brand wurden alle Bewohner in andere Zentren verlegt, so auch diese Familie. Am neuen Aufenthaltsort hatte niemand Zeit für sie, und so nahm sich niemand ihres Problems an.

Bekannte von mir, welche auf sie stiessen, veranlassten dann einen Wechsel zu uns auf den Hof. In Moskau ist es ohne Papiere sehr schwer, auch nur das Geringste zu erreichen. Bei uns auf dem Hof haben sie sich trotz Sprachproblemen sehr schnell eingelebt. Eines Morgens hat sich Monica bei mir gemeldet, sie habe Unterleibsschmerzen, sodass wir uns entschieden, sie nach Tarussa ins Spital zur Untersuchung zu bringen. Da stellte sich dann heraus, dass die gute Frau mit ihrem vierten Kind im vierten Monat schwanger ist. Einerseits eine freudige Nachricht, aber für Papierlose ist es nicht gerade der ideale Zeitpunkt, schwanger zu werden, und dies noch so weit weg von der Heimat.

Dank unseren Beziehungen haben wir jetzt alles in die Wege geleitet, so dass Monica während der Schwangerschaft alle nötigen Untersuchen bekommt. Ebenfalls ist die Geburt organisiert, da wird es also keine bürokratischen Probleme geben.

So haben sich die Wogen fürs erste Mal etwas geglättet. An den Augen der Mutter war zu sehen, dass sie erleichtert war, dass sie sich für die Schwangerschaft und die bevorstehende Geburt keine Sorgen machen muss.

Soeben hat mich folgende Nachricht erreicht. Unsere langjährige, treue und zuverlässige Buchhalterin und Disponentin Julia Viktorowna wurde umgehend hospitalisiert, da man bei ihr einen Gehirntumor festgestellt hat. Sie wird nun in den nächsten Tagen untersucht, und dann müssen wir sehen, wie es weiter geht. Hoffen wir das Beste. Bitte hoffen Sie mit uns! Wir werden jedenfalls alles in unserer Macht Stehende unternehmen, um ihr wo immer nur möglich zu helfen.

Mit freundlichen Grüssen
Jörg Duss

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