Das erste Mal in meinem Leben habe ich erlebt, dass die Kartoffeln zweimal angepflanzt werden müssen. Enorme Niederschläge haben die Felder dermassen überschwemmt, dass die Kartoffeln im Boden verfault sind. Jetzt stellt sich jeder natürlich die Frage, ob die noch bevorstehende Vegetationszeit ausreicht, dass es mit der zweiten Anpflanzung zu einer ordentlichen Ernte kommt. Wir können es nur hoffen!
Die Nothilfepakete sind diesen Monat von uns lanciert worden. Dieses neue Projekt entstand aus der Notlage der örtlichen Bevölkerung infolge der Corona-Pandemie. Dies ist wieder ein typisches RADUGA Projekt! Kurze Entscheidungswege und sofortiges Handeln zeichneten diese Aktion aus. Wo andere noch herumdiskutieren ist RADUGA bereits im Einsatz!
Gegen Ende des Monates hat sich die Situation zum Glück etwas stabilisiert. Verschiedene Familien haben sich wirtschaftlich aufgefangen und uns mitgeteilt, dass sie keinen Bedarf mehr für das Paket hätten. Hier kann man den Unterschied zwischen der Landbevölkerung und den Städtern deutlich sehen: Beeren und Pilze sammeln für den Verkauf, Brennholz hacken als Dienstleistung anbieten, Gärten umgraben und anderes mehr – die Landbevölkerung ist zusehends aktiv geworden! Für die Städter ist es schwieriger. Sie sind in ihren gewohnten Denkmustern gefangen. «Improvisieren» kennen sie aus dem Wörterbuch, aber bei der praktischen Umsetzung hapert es leider oft.
Auf Lagowschina haben wir uns bei verschiedenen Dorfversammlungen darauf geeinigt, dass es für alle Bereiche des Hofes ein Plus ist, wenn die Transportaktivitäten von motorisierten Fahrzeugen auf tierische umorganisiert werden. Gesagt, getan! Seit ein paar Wochen arbeitet auf dem Hof ein Pferdepfleger, der auch Pferde zureiten und vor Gerätschaften spannen kann. Von Tag zu Tag werden die Tiere mehr und mehr für die Arbeiten eingesetzt. Keine Ersatzteile, keine fossilen Brennstoffe, keine Bodenverdichtung durch die schweren Traktoren, kein Motorenlärm im Dorf – um hier nur einige der Vorteile aufzuzeigen! Aber einer der grössten ist mit Bestimmtheit die Tatsache, dass wir mit dieser Entscheidung einen weiteren grossen Schritt zur Autonomie getan haben. Alles, was rund um die Tiere und um die dazu gehörigen Gerätschaften benötigt wird, können wir in Eigenregie beschaffen. In Quarantäne-Zeiten spürt man diese Vorteile im Nu!
Mit freundlichen Grüssen
Jörg Duss
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