Monatsbericht März 2019

Monatsbericht März 2019

Tagsüber Temperaturen weit über dem Gefrierpunkt ließen das Eis der Flüsse bereits wegschwemmen. Nachts gab es zum Glück noch Minustemperaturen, was die Überschwemmungsgefahr verminderte. Doch für die nächste Zeit sind auch nachts Temperaturen über Null vorausgesagt. Das führt dann zu einem ununterbrochenen Abschmelzen und lässt die Flüsse rasch ansteigen. Mal schauen, wie es kommt!

Die letzte Woche war geprägt von einem Ereignis, das der Schreibende mit „Es war einmal ein Wochenende“ betiteln möchte. Ein kleiner Bauernhof kaufte zwei Färsen, die in einem resp. zwei Monaten kalben sollten. Da der Hof sich weitab von der befahrbaren Strasse befindet, kamen die Tiere, in einem Anhänger für Pferde, nur bis zum vorletzten Nachbarsdorf. Zum Abladen kamen vom Hof drei erfahrene Bauern. Doch als der Anhänger aufgemacht wurde, stürmten die beiden Färsen heraus und machten sich davon. Die drei Bauern hinterher. Ich bekam einen Anruf, ob ich nicht „kurz“ helfen könnte, die Färsen wieder einzufangen. Nach einer halben Stunde war ich mit einem weiteren Helfer vor Ort und sah bloß noch die Spuren der Tiere im Schnee, vermischt mit den Spuren der Bauern.

Wir nahmen die Spur auf und trafen nach etwa einer Stunde auf einen der Bauern. Gemeinsam verfolgten wir nun diese Spur, die sich im Zickzack immer tiefer in den Wald hinein schlängelte. Nach vier Stunden waren wir drei „Wanderer“, auf diese Suchaktion überhaupt nicht vorbereitet, durch den knietiefen Schnee so durchnässt, dass wir die Socken auswinden konnten. Zudem meldete sich der Hunger – den Durst löschte der Schnee! Nach fünf Stunden war uns klar, dass wir die Färsen heute nicht mehr finden würden. Doch – wo waren wir nun eigentlich? Wir hatten völlig die Orientierung verloren. So beschlossen wir, ein Feuer zu machen, um uns aufzuwärmen und ein bisschen auszuruhen.

Die bald zu erwartende Dunkelheit liess diese Lagerfeuerstimmung nicht lange anhalten. Wir definierten anhand von verschiedenen Merkmalen die Himmelsrichtungen und suchten den kürzesten Weg aus dem Wald. Nach 6 ½ Stunden tauchte endlich am Horizont das erste Haus auf!

Zuhause angekommen informierten wir den Jäger, der diese Umgebung sehr gut kennt, Er war sofort bereit, zu helfen. Er werde gleich morgen früh auf seinen Skiern das Gebiet auskundschaften. Um 07.00 Uhr rief er mich an, er habe die Färsen gesehen. Ausgerüstet mit einer Thermoskanne, Brot und Schinken machte ich mich, mit nur noch einem Helfer, auf, um die Tiere endlich einzufangen.

Nach einer Stunde Marsch waren wir an der Stelle, wo der Jäger die Tiere zuletzt gesehen hatte, aber wir fanden nur noch Spuren. Möglichst leise folgten wir ihnen und stiessen nach wiederum anderthalb Stunden endlich auf die Tiere. Aber sobald sie uns wahrnahmen machten sie sich aus dem Staub. Nach drei Stunden, wiederum durch knietiefen Schnee, gaben wir auf. Obwohl nicht untrainiert, mussten wir uns eingestehen, dass wir so einen Muskelkater schon lange nicht mehr gehabt hatten!

Aber wie weiter? Die Tiere mussten ja fressen! So informierten wir über alle Kanäle sämtliche Dörfer und umliegenden Weiler über die beiden Ausreisser. Und nach zwei Tagen rief mich ein Kleinbauer an, der 15km vom Ausgangsort entfernt wohnt, dass eine der Färsen bei ihm aufgetaucht sei. Umgehend fuhren wir hin und führten sie am Halfter in ihr neues Zuhause.

Aber wieso waren diese Färsen so menschenscheu? Sie stammen von einem grossen Hof, wo sie kaum Kontakt zu Menschen hatten. Mit Tieren aus einem Kleinbauernhof, wo jedes seinen Namen hat statt einer Nummer, wäre das nicht passiert. – Übrigens, bei Redaktionsschluss war das Schicksal der zweiten Färse noch immer ungeklärt…

Mit freundlichen Grüssen

Jörg Duss

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