Monatsbericht November 2022

Monatsbericht November 2022

Normalerweise, wenn man beim Wetter überhaupt von normal reden darf, schneit es in unserer Region dreimal, erst dann bleibt der Schnee auch liegen. In diesem Jahr war es in dieser Beziehung unüblich, der erste Schnee Mitte des Monates machte es sich auf den Feldern und Wäldern gleich so gemütlich, dass er, wie es den Anschein macht, nicht mehr vorhat, wegzuschmelzen. Ein paar Eisregen gegen Ende des Monates verliehen der Natur ein schönes Kleid mit Eiszapfen. Für das Auge schön, doch für die Autofahrer ein Alptraum.

Im unserem Kleiderprojekt hat es jetzt erstmals in der Geschichte von RADUGA umgeschlagen. Es gehen mehr Kleider hinaus, als hereinkommen. Bei unseren grossen Lagerbeständen gibt es hier aber noch keinen Grund zur Unruhe. Sollte es so weitergehen, haben wir auch immer noch die Möglichkeit, wieder Sammelaktionen zu starten, die wir in der Vergangenheit wegen der grossen Lagervorräte nicht mehr durchführten. Für uns ist es indes ein weiteres Indiz, dass sich die Lage der Familien weiter verschlechtert hat.

Ein anderes klares Zeichen ist die Tatsache, dass die Anzahl Lebensmittelpakete, die wir verteilen, stetig am Steigen ist. Von Lehrern und Kindergärtnerinnen kommen Hinweise auf Familien, die wir uns genauer unter die Lupe nehmen, um dann entsprechende Massnahmen zu ergreifen, um ihnen zu helfen. Es findet ein schleichendes Absinken der unteren Mittelschicht in die Armut statt. Es kommt mir vor wie eine Sanduhr, in der die Körner langsam, aber unaufhaltsam hinunter rieseln.

Zum Glück haben wir bei RADUGA eine Reihe von Projekten, mit denen wir zielgerichtet auf die verschiedenen Probleme und Bedürfnisse der Bittsteller eingehen können. Wie ich es schon oft gesagt oder geschrieben habe, allein schon die Tatsache, dass es RADUGA gibt, nimmt den Menschen den „Druck vom Kessel“, wenn ich das hier so ausdrücken darf. Es ist psychologisch sehr wichtig zu wissen, dass es eine Oase gibt, wo immer noch Wasser zu finden ist.

In diesem Monat fand unsere übliche Stiftungsratssitzung statt. Eine Sitzung, die schon unter einfacheren Vorzeichen stand als diese. Die vielen Ungewissheiten rund um unsere Arbeit und unseren Arbeitsplatz machten es nicht einfacher, z.B. ein Budget für das kommende Jahr aufzustellen. Mit welchen Einflüssen, welchen Faktoren müssen wir für das nächste Jahr rechnen? Wenn ich Ihnen hier eine verlässliche Antwort geben könnte, wäre ich wohl kaum jetzt am Schreiben eines solchen Monatsberichts. Selbst unsere nun bereits 25jährige Erfahrung hilft uns da kaum weiter. Intuition ist jetzt mehr und mehr gefragt!

Was uns indes sehr viel Freude und Mut gemacht hat ist die Tatsache, dass Sie, liebe Spenderinnen und Spender, uns trotz allem weiter unterstützen. In einer Zeit wie der jetzigen in keiner Weise eine Selbstverständlichkeit. Für uns alle hier, an vorderster Front, ein Zeichen, das uns noch mehr motiviert weiterzumachen. Für dieses Vertrauen, das Sie uns schenken, möchte ich mich im Namen aller unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herzlich bedanken. Und auch von mir ganz persönlich ein besonderer Dank an Sie alle! Schade, dass wir uns schon seit langer Zeit nicht mehr sehen konnten, wie etwa an meinem jährlichen Vortrag. Doch ich bin voller Hoffnung, dass bald wieder die Vernunft einkehren wird auf unserem so kleinen, aber umso schöneren Planeten!

Mit freundlichen Grüssen
Jörg Duss

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