Monatsbericht Oktober 2023

Monatsbericht Oktober 2023

Der Anfang des Monats war noch so, wie man es sich wünscht. Der bunte Blätterwald strahlte mit der Sonne um die Wette. Doch dann, so ab Mitte Monat, wechselte es. Anhaltende Regenfälle verwandelten so manchen Weg in eine regelrechte Schlammgrube. Viele hofften, dass nun endlich der Frost eintreten würde, doch davon bekamen wir Ende Monat höchstens ein, zwei Tage als Müsterchen, danach ging es mit dem Schlamm wieder weiter. Die Prognosen für den November sind im Moment in der Hinsicht nicht vielversprechend, d. h. wir müssen mit dem Schlamm noch weiterhin zurechtkommen.

Seit ein paar Monaten vergeht keine Woche, ohne dass Interessierte zu uns aufs Dorf kommen. Hier reden wir nicht nur von Menschen aus der Umgebung, zu der ich auch noch Moskau zähle, nein, es kommen auch welche von weiter her. St. Petersburg, Irkutsk, Kaliningrad waren ebenfalls auf der Liste, und sogar aus Kamtschatka war ein Ehepaar bei uns! Was motiviert sie uns zu besuchen? Ein Grossteil hat bereits einen kleinen Bauernhof oder plant, einen aufzubauen. Sie interessiert dann hauptsächlich die Tierhaltung, die Organisation der verschiedenen Abläufe, die Gebäude, hier speziell natürlich die Stallungen mit den verschiedenen Einteilungen usw.

Andere wiederum interessieren sich mehr für den Gartenanbau, Gewächshäuser und Feldanbau. Wir legen ja grossen Wert darauf, keine hybriden oder genmanipulierten Samen zu verwenden. In all den Jahren ist es uns gelungen, eine eigene Samenkollektion anzusammeln. Vor kurzem war ein Ehepaar hier, das mehr wissen wollte über die Schlachtung, resp. Weiterverarbeitung von Fleisch zu Würsten, Fleischkäse, Trockenfleisch usw. Andere wiederum suchen sofort den Weg in die Käserei, um sich das Wissen anzuschaffen, wie Quark, Sauerrahm, Butter oder Käse hergestellt werden.

Und wieder andere wollen sich ein Bild davon verschaffen, wie es möglich ist, im 21. Jahrhundert eine Lebensgemeinschaft fern von der Zivilisation aufzubauen. Viele beeindruckt, dass wir im Dorfe sozusagen keine Medikamente einnehmen, sondern alles mit der Naturapotheke zu lösen versuchen. Sei dies bei Mensch oder Tier. Hier muss ich hinzufügen, dass alles das prophylaktisch ist. Sollte bei jemandem eine Krankheit schon weit vorgeschritten sein, braucht es natürlich doch Medikamente.

Dann tauchen die Besucher in eine Gemeinschaft ein, wo noch lebendige Diskussionen stattfinden. Für viele, die in der heutigen Zeit ihre Aufmerksamkeit nur noch auf das Tablet oder das Telefon richten, wirkt dies anfänglich immer sehr fremd! Es ist aber immer schön mitanzusehen, wie sich das dann relativ schnell ändert. Der Mensch ist ja ein Wesen, das lebendige Treffen und Gespräche braucht.

Am Abend organisieren wir öfters für alle Dorfbewohner gemeinsame Abende, z.B. Spielabende mit Lotto, an denen dann auch unsere Gäste teilnehmen. Für viele ist es das erste Mal, dass sie sich in so einem engen Kontakt mit randständigen Menschen an einen Tisch setzen und etwas unternehmen. Dadurch werden oft Komplexe gelöst und Brücken gebaut. Für unsere Bewohner wiederum ist dies jedes Mal eine Begegnung, die ihnen das positive Gefühl gibt, in der Gesellschaft integriert zu sein. So erreichen wir einen doppelten Effekt, und ich kann sagen, dass bis jetzt ausschliesslich nur positive Begegnungen stattgefunden haben. Wir bekommen von diesen Menschen noch nach ihrer Abreise Rückmeldungen, in denen sie uns kundtun, dass sie für sich sehr viele emotionale positive Erfahrungen gemacht hätten.

Von RADUGA muss ich berichten, dass die Anfragen wieder zugenommen haben. Bei uns sind die Benzin- und Dieselpreise in den letzten Wochen massiv angestiegen, was zu einer allgemeinen Teuerung geführt hat. Wen trifft es dabei wieder am härtesten – natürlich diejenigen, die so schon zu wenig haben. Präsident Putin hat nun eingegriffen, und jetzt haben sich die Preise wenigstens stabilisiert und sind nicht weiter gestiegen. An den Tankstellen kam es aber in der Zeit zu den wildesten Situationen, und wir befürchteten bereits, dass wir nochmals die 90er Jahre durchmachen müssen, was hier mit Bestimmtheit keiner will!

Schauen wir wie sich diese ganze Situation weiterentwickelt. Wir haben für das Dorf, sowie auch für die Stiftung in verschiedenen Bereichen vorgesorgt, und sind dadurch einigermassen beruhigt. Normalerweise verschärft sich die Situation gegen Ende Jahr nochmals, doch da wir im Frühling Präsidentenwahlen haben, werden wir hoffentlich davon etwas verschont. Ändern können wir es selber nicht, daher nehmen wir es so, wie es kommt. Und alles, was in unserer Macht, in unseren Händen liegt, machen wir tagtäglich nach bestem Wissen und Gewissen. Und so kommt am Ende immer alles gut!

Mit freundlichen Grüssen

Jörg

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